Spermiogramm 2025: Ablauf, Kosten, WHO-Werte & wirksame Tipps

Profilbild des Autors
Zappelphilipp Marx
Mitarbeiterin im Andrologielabor analysiert eine Ejakulatprobe unter dem Mikroskop

Ein Spermiogramm ist der objektive Startpunkt bei unerfülltem Kinderwunsch. Die standardisierte Analyse zeigt, ob Konzentration, Beweglichkeit und Form der Spermien für eine Befruchtung ausreichen. Hier findest du einen praxisnahen Überblick: realistische Kosten, aktueller WHO-Standard, klare Vorbereitungsschritte und Maßnahmen, die die Spermienqualität nachweislich verbessern.

Was ist ein Spermiogramm?

Ein Spermiogramm ist eine Laboruntersuchung zur Beurteilung der männlichen Fruchtbarkeit. Typische Messgrößen:

  • Ejakulatvolumen (ml)
  • Spermienkonzentration (Mio./ml) und Gesamtzahl pro Ejakulat
  • Motilität (gesamt und progressiv)
  • Morphologie (Anteil normal geformter Spermien)
  • Vitalität (lebende Spermien)
  • pH-Wert sowie Leukozyten als Entzündungsindikator

Die Parameter werden nach international gültigen Protokollen erhoben und immer im klinischen Kontext (Anamnese, Verlauf, Begleitbefunde) eingeordnet.

Wann ist ein Spermiogramm sinnvoll?

Empfohlen wird eine Abklärung nach 12 Monaten regelmäßigen, ungeschützten Geschlechtsverkehrs ohne Schwangerschaft. Bei Risikofaktoren ist eine frühere Testung sinnvoll (z. B. Varikozele, Hodenhochstand, nach Chemo- oder Strahlentherapie). Orientiere dich an der EAU-Leitlinie Male Infertility für die strukturierte Diagnostik.

  • Primäre oder sekundäre Infertilität
  • Auffällige Hormonwerte oder Pubertätsanomalien
  • Kontrolle vor bzw. nach Vasektomie
  • Wiederholte Fehlgeburten
  • Operationen oder Bestrahlungen im Beckenbereich

Spermiogramm – Kosten & Erstattung

Typisch in Deutschland: ca. 60–90 € pro Untersuchung. Liegt eine medizinische Indikation vor, übernimmt die GKV häufig die Kosten. Kinderwunschzentren bieten oft Pakete inklusive Zweitmessung; Privatversicherte klären die Erstattung vorab. Wichtig: Ergebnisse schwanken – plane eine Wiederholung nach etwa 6 Wochen ein, um Messfehler und natürliche Varianz abzufedern.

Spermiogramm: Ablauf & Vorbereitung

Vorbereitung

  • 3–5 Tage Enthaltsamkeit (für Vergleichbarkeit)
  • Kein Fieber, keine schweren Infekte; lange Saunagänge vermeiden
  • Alkohol und Nikotin möglichst meiden; ausreichend Schlaf, Stressreduktion

Probenentnahme

  • Hände und Penis mit Wasser und Seife reinigen
  • Kein Gleitmittel oder Kondom mit Zusätzen verwenden
  • Gesamtes Ejakulat in ein steriles Gefäß auffangen
  • Bei Heimabgabe körperwarm (~ 37 °C) halten und innerhalb von 60 Minuten im Labor abgeben

Im Labor erfolgt die standardisierte Messung (mikroskopisch/digital) nach dem WHO-Manual.

WHO-Referenzwerte (6. Auflage, 2021)

Die WHO-Referenz definiert unter anderem folgende Schwellenwerte:

  • Volumen: ≥ 1,5 ml
  • Konzentration: ≥ 15 Mio./ml
  • Gesamtzahl: ≥ 39 Mio. pro Ejakulat
  • Gesamtmotilität: ≥ 40 %
  • Progressive Motilität: ≥ 32 %
  • Morphologie (normal): ≥ 4 %
  • Vitalität: ≥ 58 %
  • pH-Wert: ≥ 7,2

Werte unter diesen Schwellen bedeuten nicht automatisch Unfruchtbarkeit, erfordern aber ärztliche Einordnung und Verlaufskontrolle.

Laborqualität: Woran du ein gutes Labor erkennst

  • Akkreditierung (z. B. DIN EN ISO 15189)
  • Regelmäßige externe Ringversuche/Qualitätssicherung
  • Konsequente WHO-Protokolle, dokumentierte SOPs
  • Doppelbefundung oder qualitätsgesicherte Zweitauswertung

Nützliche Patienteninfos zu Diagnostik und Behandlungen bieten das NHS sowie die HFEA.

Dauer & Befundübermittlung

Die Analyse dauert in der Regel 60–120 Minuten. Der schriftliche Befund liegt häufig nach 2–4 Werktagen vor – oft über ein geschütztes Online-Portal mit anschließender ärztlicher Besprechung.

Auswertung: Was bedeuten Abweichungen?

  • Oligozoospermie – zu geringe Konzentration
  • Asthenozoospermie – eingeschränkte Beweglichkeit
  • Teratozoospermie – auffällige Morphologie
  • Kryptozoospermie – extrem niedrige Konzentration
  • Azoospermie – keine Spermien nachweisbar

Zur Absicherung natürlicher Schwankungen wird meist eine Wiederholung nach etwa 6 Wochen empfohlen – gleiche Vorbereitung, gleiche Rahmenbedingungen.

Typische Ursachen

  • Hormonstörungen (Testosteron, FSH, LH, Prolaktin)
  • Genetik (z. B. Klinefelter-Syndrom, Y-Mikrodeletionen)
  • Infektionen/Entzündungen (z. B. Chlamydien, Mumps-Orchitis)
  • Lebensstil (Rauchen, Alkohol, Adipositas, chronischer Stress)
  • Hitze/Umwelt (enge Kleidung, Sauna, Pestizide, Weichmacher, Mikroplastik)
  • Vorübergehend: Fieber, bestimmte Medikamente

Für die strukturierte Abklärung verweisen Leitlinien auf Anamnese, körperliche Untersuchung, Hormone und ggf. Genetik – siehe EAU Male Infertility.

Praktische Tipps: Spermienqualität verbessern

  • Rauchstopp und Alkoholkonsum reduzieren
  • Gewicht normalisieren (schon 5–10 % Gewichtsreduktion kann helfen)
  • Regelmäßige, moderate Bewegung; Überhitzung vermeiden
  • Stressmanagement (Atemübungen, Schlafhygiene, realistische Arbeitslast)
  • Ernährung mit viel Obst und Gemüse, Omega-3, Zink; stark verarbeitete Lebensmittel reduzieren
  • Supplemente mit Augenmaß (z. B. Q10, L-Carnitin) nach ärztlicher Rücksprache

Realistische Zeitachse: Verbesserungen benötigen oft mindestens 3 Monate – so lange dauert ein Zyklus der Spermatogenese.

Patientenfreundliche Übersichten zu Diagnostik und Behandlung: NHS Behandlung, evidenzbasierte Empfehlungen: NICE CG156.

Vergleich & Alternativen

OptionZweckGeeignet beiWichtig zu wissen
Wiederholung SpermiogrammSchwankungen und Messfehler ausgleichenGrenzwertige oder uneinheitliche BefundeAbstand ~ 6 Wochen, gleiche Vorbereitung
Hormon- & GenetikdiagnostikUrsachenfindungAzoospermie, stark abweichende WerteKaryogramm, Y-Deletion, FSH/LH/Testosteron
IUI (Intrauterine Insemination)Aufbereitetes Sperma direkt in die GebärmutterLeicht reduzierte Motilität/KonzentrationGeringer invasiver Aufwand; Erfolgsraten variabel
IVF/ICSIBefruchtung im Labor; ICSI injiziert ein SpermiumDeutlich eingeschränkte SpermienqualitätAufklärung nötig; siehe HFEA und NICE
TESE/MESAOperative SpermiengewinnungAzoospermie (obstruktiv/nicht-obstruktiv)Interdisziplinäre Indikationsstellung
FertilitätserhaltKryokonservierung vor schädigender TherapieVor Chemo- oder StrahlentherapieFrühzeitig planen; Beratung einholen

Wann zum Arzt?

  • Keine Schwangerschaft nach 12 Monaten regelmäßigem ungeschützten Verkehr
  • Auffälliger Erstbefund oder Azoospermie
  • Risikofaktoren: Varikozele, Hodenhochstand, Chemo- oder Strahlentherapie
  • Schmerzen, Schwellungen, Infektzeichen

Die leitlinienorientierte Abklärung und Therapie fasst die EAU-Guideline zusammen.

Mythen & Fakten

  • Mythos: „Ein einziges Spermiogramm reicht immer.“ – Fakt: Werte schwanken; eine Wiederholung nach etwa 6 Wochen erhöht die Aussagekraft.
  • Mythos: „Heißes Bad oder Sauna verbessern die Spermienqualität.“ – Fakt: Wärmeeinwirkung senkt meist die Motilität; kühle, atmungsaktive Kleidung ist günstiger.
  • Mythos: „Viel Sport steigert automatisch die Fruchtbarkeit.“ – Fakt: Moderates Training hilft; Überlastung, lange Radsessions und Hitze können schaden.
  • Mythos: „Supplemente lösen jedes Problem.“ – Fakt: Q10, L-Carnitin und Co. können unterstützen, ersetzen aber keine Ursachenabklärung und Lebensstiländerungen.
  • Mythos: „Je länger die Enthaltsamkeit, desto besser das Spermiogramm.“ – Fakt: Optimal sind meist 2–5 Tage; zu lange Pausen können Motilität und Vitalität mindern.
  • Mythos: „Enge Unterwäsche ist egal.“ – Fakt: Enge, wärmende Kleidung erhöht die Hodentemperatur; lockere Boxershorts sind oft vorteilhaft.
  • Mythos: „Ein normales Spermiogramm garantiert eine Schwangerschaft.“ – Fakt: Es ist eine Momentaufnahme; Fruchtbarkeit hängt auch von Zyklus, Timing und weiblichen Faktoren ab.
  • Mythos: „Morphologie muss über 14 % liegen, sonst ist es schlecht.“ – Fakt: Aktuelle WHO-Referenzen arbeiten mit ≥ 4 % normal geformten Spermien; ältere Grenzwerte führen oft zu Verunsicherung.
  • Mythos: „Einmal schlechte Werte bleiben für immer schlecht.“ – Fakt: Nach Infekten, Fieber oder Lifestyle-Anpassungen können sich WHO-Parameter innerhalb von etwa 3 Monaten deutlich ändern.
  • Mythos: „Laptop auf dem Schoß ist unproblematisch.“ – Fakt: Direkte Wärmequellen am Schoß erhöhen die Hodentemperatur und können die Spermienqualität beeinträchtigen.
  • Mythos: „Koffein oder Booster pushen die Spermien kurzfristig.“ – Fakt: Mäßiger Koffeinkonsum ist meist unkritisch; hohe Dosen, Energy-Drinks und Schlafmangel wirken eher kontraproduktiv.
  • Mythos: „Varikozele muss immer operiert werden.“ – Fakt: Eine OP kann bei Symptomen und auffälligem Spermiogramm sinnvoll sein; die Entscheidung ist individuell und leitlinienbasiert.
  • Mythos: „COVID-19 macht dauerhaft unfruchtbar.“ – Fakt: Nach akuten Infekten sind vorübergehende Verschlechterungen möglich; Werte normalisieren sich häufig innerhalb von Monaten.
  • Mythos: „Der DNA-Fragmentationstest ist immer notwendig.“ – Fakt: Er ist eine optionale Zusatzdiagnostik bei speziellen Fragestellungen (z. B. wiederholte Fehlgeburten), nicht Routine für alle.

Fazit

Das Spermiogramm liefert eine klare Bestandsaufnahme. Die WHO-Referenzen setzen den Rahmen, entscheidend ist aber die Gesamtschau aus Verlauf, Anamnese und Partnerdiagnostik. Viele Faktoren sind veränderbar – mit realistischen Erwartungen, konsequenter Lebensstiloptimierung und, falls nötig, moderner Reproduktionsmedizin. So gehst du informiert in das Gespräch mit deiner Ärztin oder deinem Arzt.

Haftungsausschluss: Inhalte auf RattleStork dienen ausschließlich allgemeinen Informations- und Bildungszwecken. Sie stellen keine medizinische, rechtliche oder sonstige fachliche Beratung dar; es wird kein bestimmter Erfolg garantiert. Die Nutzung der Informationen erfolgt auf eigene Gefahr. Einzelheiten finden Sie in unserem vollständigen Haftungsausschluss.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ein Spermiogramm ist eine Laboruntersuchung zur Beurteilung der männlichen Fruchtbarkeit. Dabei werden Spermienkonzentration, Motilität, Morphologie, Ejakulatvolumen, Vitalität, pH-Wert und Leukozytenzahl analysiert.

Empfohlen ist eine Spermienanalyse, wenn nach zwölf Monaten ungeschütztem Geschlechtsverkehr keine Schwangerschaft eintritt. Bei Risikofaktoren wie Varikozele, Hodentrauma oder Chemo‐/Strahlentherapie kann ein früherer Test sinnvoll sein.

Die Probe wird durch Masturbation in einem Praxis‐ oder Klinikumfeld gewonnen. Hände und Penis werden nur mit Wasser und Seife gereinigt, kein Gleitmittel oder Kondom mit Silikonöl verwenden. Bei Heimentnahme ist die Probe körperwarm (etwa 37 °C) zu halten und innerhalb von 60 Minuten zu transportieren.

Drei bis fünf Tage sexuelle Enthaltsamkeit, kein Alkohol, Nikotin oder Drogen in den letzten 48 Stunden, kein Fieber oder schwere Infekte sowie ausreichend Schlaf und Stressreduktion.

In Deutschland liegen die Kosten zwischen 60 und 90 Euro. Bei medizinischer Indikation übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Untersuchung; oft ist ein zweites Spermiogramm in Kinderwunsch‐Paketangeboten enthalten.

Die mikroskopische Analyse nimmt 60–120 Minuten in Anspruch. Der schriftliche Befund liegt nach zwei bis vier Werktagen vor und wird meist über ein Online‐Portal bereitgestellt und anschließend mit dem Arzt besprochen.

Nach WHO 6. Auflage 2021 gelten als Mindestwerte: Ejakulatvolumen ≥ 1,5 ml; Konzentration ≥ 15 Mio./ml; Gesamtzahl ≥ 39 Mio.; Gesamtmotilität ≥ 40 %; progressive Motilität ≥ 32 %; Morphologie ≥ 4 %; Vitalität ≥ 58 %; pH ≥ 7,2.

Abweichungen werden als Oligozoospermie (niedrige Zahl), Asthenozoospermie (eingeschränkte Beweglichkeit), Teratozoospermie (fehlende Form) oder Azoospermie/Kryptozoospermie (keine/kaum Spermien) klassifiziert und erfordern oft eine Wiederholung.

Entscheidend ist eine Akkreditierung nach DIN EN ISO 15189, Teilnahme an Ringversuchen (z. B. QuaDeGA) und die Auswertung durch mindestens zwei geschulte Fachkräfte.

In der Regel empfiehlt man zwei Untersuchungen im Abstand von etwa sechs Wochen, um natürliche Schwankungen auszuschließen.

Ursachen sind Hormonstörungen, genetische Anomalien (z. B. Klinefelter), Infektionen (Chlamydien, Mumps), Lebensstil (Rauchen, Alkohol, Übergewicht, Stress) und Umweltfaktoren (Hitze, Pestizide, Mikroplastik).

Ja, dauerhafter Stress kann hormonelle Achsen stören und negative Effekte auf Konzentration, Motilität und Morphologie haben. Stressabbau durch Meditation oder Yoga wird empfohlen.

Antioxidantien wie Vitamin C, E, Zink sowie Omega-3-Fettsäuren können helfen. Studien (Nagy et al., 2021) zeigen positive Effekte, aber die Wirkung ist individuell unterschiedlich und sollte ärztlich begleitet werden.

Ernährung mit viel Obst und Gemüse, regelmäßige moderate Bewegung, Nikotin- und Alkoholreduktion, Stressmanagement, lockere Unterwäsche und Vermeidung von Hitze auf den Hoden.

Zusätzliche Diagnostik wie Hormonanalysen, genetische Tests, Ultraschall, DNA-Fragmentation und ggf. operative Spermiengewinnung (TESE/MESA) sind mögliche nächste Schritte.

Bei IVF erfolgt die Befruchtung außerhalb des Körpers in einer Nährlösung, während bei ICSI eine einzelne Samenzelle direkt in die Eizelle injiziert wird – letztere ist bei stark eingeschränkter Samenqualität angezeigt.

Gesetzliche Krankenkassen übernehmen bei nachgewiesenem Kinderwunsch oft die Kosten für Basisuntersuchungen; spezielle genetische oder operative Eingriffe können Zuzahlungen erfordern.

Spermiogramme bieten Urologen, Reproduktionskliniken und spezialisierte Kinderwunschzentren an. Achte auf Labore mit ISO-Akkreditierung und WHO-Zertifizierung.

Ein unauffälliger Befund schließt männliche Ursachen weitgehend aus, garantiert aber keine Schwangerschaft. Bei weiterem Kinderwunsch sollten beide Partner gemeinsam weiter abgeklärt werden.

Ja, bestimmte Antibiotika, Chemotherapeutika und Anabolika können vorübergehend zu abweichenden Werten führen. Informiere deinen Arzt über alle Medikamente vor der Untersuchung.