Refertilisierung nach Sterilisation: Wie Frauen nach einer Tubenligatur doch noch schwanger werden können

Bild des AutorsVerfasst von Philomena Marx24. Januar 2025
Refertilisierung nach Tubenligatur

Lebensumstände ändern sich – was vor wenigen Jahren noch als endgültige Entscheidung galt, kann heute anders bewertet werden. Frauen, die sich einst für eine Sterilisation (Tubenligatur) entschieden haben, können später wieder den Wunsch verspüren, schwanger zu werden. Die Refertilisierung eröffnet Möglichkeiten, diesen Wunsch doch noch zu verwirklichen. In diesem Artikel findest du ausführliche Informationen zu den Hintergründen, Erfolgschancen und möglichen Alternativen, um gut informiert deine persönliche Entscheidung treffen zu können.

Warum sich Frauen für eine Refertilisierung entscheiden

Die Beweggründe für eine Rückkehr zur Fruchtbarkeit nach einer Sterilisation sind individuell. Häufig spielen jedoch folgende Faktoren eine Rolle:

  • Neue Partnerschaft: Das Bedürfnis, mit einem neuen Lebenspartner ein gemeinsames Kind zu bekommen.
  • Veränderung der Lebensziele: Ein Wandel in persönlichen oder beruflichen Perspektiven kann den Wunsch nach einem (weiteren) Kind wecken.
  • Tragische Umstände: Der Verlust eines Kindes oder einschneidende familiäre Ereignisse können dazu führen, dass Paare sich nochmals für Nachwuchs entscheiden.

Tubenligatur rückgängig machen: Was beeinflusst den Erfolg?

Die Erfolgsaussichten einer Refertilisierung hängen stark von der ursprünglichen Sterilisationsmethode und der Zeit seit dem Eingriff ab:

  • Kurzstreckige Unterbrechung: Wurden die Eileiter lediglich mit Clips verschlossen oder nur in einem kurzen Segment durchtrennt, sind sie oft leichter zu rekonstruieren.
  • Ausgedehnte Verödung oder Teilentfernung: Wurde ein längerer Eileiterabschnitt zerstört oder entfernt, ist eine Wiederherstellung schwieriger bis unmöglich.
  • Alter der Frau: Frauen unter 35 Jahren haben in der Regel bessere Chancen, nach einer erfolgreichen Rekonstruktion schwanger zu werden.
  • Narbenbildung: Je kürzer die Zeit seit der Sterilisation, desto weniger ausgedehnt ist das Narbengewebe. Dies erhöht die Erfolgsquote der OP.

Wie verläuft eine Refertilisierung?

Vor der Operation werden zunächst ausführliche Voruntersuchungen vorgenommen. Neben einer Überprüfung des Hormonspiegels (z. B. FSH, AMH zur Einschätzung der Eierstockreserve) empfiehlt sich eine bildgebende Untersuchung wie die Hysterosalpingographie, um den Zustand der Eileiter zu beurteilen. Auch der Partner sollte idealerweise ein aktuelles Spermiogramm vorlegen, um sicherzustellen, dass seine Fruchtbarkeit gegeben ist.

Der Eingriff selbst erfolgt meist unter Vollnarkose. Je nach Situation wird entweder ein Bauchschnitt (Laparotomie) oder eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) durchgeführt. Dabei werden die verschlossenen Enden der Eileiter freigelegt und mikrochirurgisch präzise miteinander verbunden. Dieser Schritt verlangt viel Erfahrung und Geschick, weshalb du eine spezialisierte Fachklinik oder einen erfahrenen Operateur wählen solltest.

Erfolgsaussichten und Risiken

Die durchschnittliche Schwangerschaftsrate nach einer Refertilisierung liegt bei etwa 50–60 Prozent. Frauen, die jünger als 35 Jahre sind, erreichen oftmals höhere Erfolgsquoten. Jedoch sollten alle Risiken einer Operation bedacht werden:

  • Allgemeine Operationsrisiken: Blutungen, Infektionen oder Verletzungen benachbarter Organe können auftreten.
  • Eileiterschwangerschaft: Da die Eileiterstruktur trotz Rekonstruktion beeinträchtigt sein kann, ist die Gefahr einer Eileiterschwangerschaft erhöht. Regelmäßige Kontrollen sind daher wichtig.

Ob die Refertilisierung am Ende zur gewünschten Schwangerschaft führt, hängt außerdem vom allgemeinen Gesundheitszustand und weiteren Faktoren wie etwa der Partnerfruchtbarkeit ab. Eine umfassende Beratung und Diagnostik vorab ist essenziell.

Alternativen zur Refertilisierung: IVF, ICSI & mehr

Wenn eine Refertilisierung medizinisch nicht machbar ist oder trotz erfolgreicher Operation keine Schwangerschaft eintritt, bestehen verschiedene Alternativen, den Kinderwunsch dennoch zu erfüllen. Hier ein Überblick über gängige Methoden und deren Besonderheiten:

  • In-vitro-Fertilisation (IVF):
    Eines der bekanntesten Verfahren der künstlichen Befruchtung. Dabei werden reife Eizellen der Frau im Labor mit den Spermien des Partners zusammengebracht. Nach erfolgreicher Befruchtung kultiviert man die Embryonen einige Tage im Brutschrank, bevor ein oder zwei Embryonen in die Gebärmutter transferiert werden. Der Zustand der Eileiter spielt hierbei keine Rolle, da die Befruchtung außerhalb des Körpers stattfindet.
  • Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI):
    Eine Sonderform der IVF, bei der ein einzelnes Spermium direkt in die Eizelle injiziert wird. Dieses Verfahren ist besonders dann sinnvoll, wenn die Spermienqualität des Partners eingeschränkt ist.
  • Kryokonservierung von Eizellen oder Embryonen:
    Um mehrere Behandlungszyklen zu ermöglichen oder eine spätere Schwangerschaft zu planen, können Eizellen oder bereits befruchtete Embryonen eingefroren werden. Dadurch bleibt Frauen mehr Flexibilität für einen möglichen weiteren Transfer in der Zukunft.
  • Eizellspende:
    In einigen Ländern ist eine Eizellspende legal, in Deutschland jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen und im Rahmen bestimmter Regelungen. Für Frauen, deren eigene Eizellqualität oder Reserve stark eingeschränkt ist, kann diese Methode im Ausland eine Option sein.
  • Adoption oder Pflegekindschaft:
    Für Paare, die biologisch kein Kind bekommen können oder möchten, stellt die Adoption (bzw. die Aufnahme eines Pflegekindes) einen alternativen Weg zum Familienglück dar. Allerdings sind hier wiederum rechtliche und bürokratische Hürden zu beachten, die oft mit einem längeren Verfahren verbunden sind.

Welche Methode sich am besten eignet, hängt von den individuellen Voraussetzungen ab: Alter, Gesundheitszustand, Qualität von Eizellen und Spermien, aber auch persönliche Wertvorstellungen spielen eine Rolle. Eine umfassende Beratung in einem Kinderwunschzentrum ist daher unerlässlich, um den optimalen Behandlungsweg zu finden.

Kosten und finanzielle Aspekte

In der Regel werden die Kosten für eine Refertilisierung nicht von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Abhängig von der Klinik, dem Operationsverfahren und dem individuellen Befund können sie sich schnell auf mehrere tausend Euro belaufen. Ebenso kostenintensiv können IVF, ICSI oder andere reproduktionsmedizinische Verfahren sein. Teilweise beteiligen sich die Krankenkassen jedoch an bestimmten Behandlungszyklen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden (z. B. Altersgrenzen oder Ehe-Status). Ein transparenter Kostenvoranschlag und gegebenenfalls eine ergänzende Finanzierungsplanung sind deshalb sehr zu empfehlen.

Psychologische Aspekte und Unterstützung

Der Wunsch, erneut oder doch noch einmal Mutter zu werden, ist häufig mit starken Emotionen verbunden – von Hoffnung über Zweifel bis hin zu Ängsten. Die Entscheidung für eine Operation oder eine künstliche Befruchtung kann zudem einen enormen psychischen Druck bedeuten. Eine professionelle psychologische Begleitung (z. B. durch einen Therapeuten oder in einer Selbsthilfegruppe) kann helfen, Unsicherheiten zu bewältigen und den Prozess gemeinsam mit dem Partner zu meistern.

Fazit

Eine Refertilisierung nach Sterilisation ist für viele Frauen ein Hoffnungsschimmer, um doch noch ein Kind auf natürlichem Wege bekommen zu können. Die Erfolgschancen hängen jedoch stark von der ursprünglichen Sterilisationsmethode, dem Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab.