Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland: Verfahren, rechtliche Aspekte und Erfahrungen

Bild des Autorsverfasst von Zapppelphilippp05. August 2024
Präimplantationsdiagnostik (PID)

Die Präimplantationsdiagnostik (PID), auch bekannt als präimplantative genetische Diagnostik, bezeichnet Untersuchungen, die an Embryonen vor ihrer Einpflanzung in die Gebärmutter durchgeführt werden. Ziel dieser Untersuchungen ist es, gezielt nach genetischen Anomalien oder Chromosomenstörungen zu suchen. In Deutschland wird die PID nur in Fällen in Betracht gezogen, in denen ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Erbkrankheiten oder embryonale Schädigungen besteht, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Fehl- oder Totgeburt führen würden.

Ablauf der Präimplantationsdiagnostik (PID)

Die Durchführung der PID ist nur im Rahmen einer künstlichen Befruchtung (In-vitro-Fertilisation/IVF oder Intrazytoplasmatische Spermieninjektion/ICSI) möglich. Zunächst werden nach einer Hormonstimulation reife Eizellen aus den Eierstöcken der Frau entnommen und im Labor mit den Spermien des Partners befruchtet. Wenn eine erfolgreiche Befruchtung stattfindet und sich Embryonen entwickeln, werden nach dem 8-Zell-Stadium am vierten oder fünften Tag nach der Befruchtung eine oder mehrere Zellen entnommen, um ihre genetische Ausstattung zu untersuchen. Gemäß dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) dürfen nur Zellen von Embryonen untersucht werden, die das 8-Zell-Stadium überschritten haben, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die Fähigkeit besitzen, sich einzeln zu vollständigen Embryonen weiterzuentwickeln.

Einige Tage später werden ein oder zwei Embryonen, die keine erkennbaren genetischen Schäden aufweisen, in die Gebärmutter übertragen. Embryonen, die von einer Erbkrankheit oder Chromosomenstörung betroffen sind, werden aus der Kultur entfernt und sterben ab.

Es besteht jedoch die Möglichkeit diagnostischer Fehler. Die PID ist ein komplexes und aufwändiges Verfahren in der Medizin. Zur Sicherheit erfolgt in etwa der Hälfte der Fälle nach einer erfolgreichen IVF eine zusätzliche Amniozentese zur Kontrolle.

Rechtliche Aspekte der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland

In Deutschland ist die PID nur dann erlaubt, wenn ein hohes Risiko für schwerwiegende Erbkrankheiten besteht oder eine schwere Schädigung des Embryos zu erwarten ist, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen würde. Dies soll Menschen mit familiären Vorbelastungen schwere Belastungen wie wiederholte Fehlgeburten oder schwere Erbkrankheiten bei ihren Kindern ersparen.

Die „Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik – PIDV“, die 2014 in Kraft trat, legt die genaue Umsetzung der PID fest. Sie schreibt vor, dass die PID nur in speziell zugelassenen Zentren durchgeführt werden darf. Die Adressen dieser Zentren können bei den jeweiligen Ärztekammern erfragt werden. Eine umfassende Aufklärung, Beratung und schriftliche Zustimmung der Frau sind obligatorisch.

Ethische Bedenken und Debatten zur PID

Die Präimplantationsdiagnostik ist nicht ohne Kontroversen. Einige der häufigsten ethischen Bedenken sind:

  • Selektion und Diskriminierung: Kritiker argumentieren, dass die Auswahl genetisch „perfekter“ Embryonen zur Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen beitragen kann und ein gesellschaftliches Streben nach Perfektion fördert.
  • Designer-Babys: Es besteht die Sorge, dass die PID für nicht-medizinische Zwecke missbraucht werden könnte, um bestimmte erwünschte Eigenschaften wie Geschlecht, Augenfarbe oder Intelligenz auszuwählen.
  • Zerstörung von Embryonen: Die ethische Frage, ob ein Embryo bereits als menschliches Leben betrachtet werden sollte, ist zentral in der Debatte um PID. Die Zerstörung von Embryonen, die genetische Defekte aufweisen, wird von einigen als ethisch problematisch angesehen.

Rolle der Ethikkommissionen bei der Präimplantationsdiagnostik

Die Definition von schwerwiegenden Erbkrankheiten wird nicht durch Gesetze festgelegt, sondern obliegt den Ethikkommissionen. Diese berücksichtigen die besonderen Umstände jedes Einzelfalls und treffen Entscheidungen über die Durchführung einer PID.

Jede Ethikkommission besteht aus acht Mitgliedern: vier medizinischen Experten, zwei Experten aus den Bereichen Ethik und Recht sowie je einer Vertretung für Patienten und Selbsthilfegruppen von Menschen mit Behinderungen.

Zuständigkeiten der Ethikkommissionen in deutschen Bundesländern

Die Ethikkommissionen werden von den Bundesländern eingerichtet. Aktuell gibt es:

  • Die gemeinsame Ethikkommission von Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen mit Sitz in der Landesärztekammer Baden-Württemberg.
  • Die bayerische Ethikkommission mit Sitz in München.
  • Die Berliner Ethikkommission, angesiedelt beim Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin.
  • Die Ethikkommission in Nordrhein-Westfalen, die derzeit aufgebaut wird und ihren Sitz bei der Ärztekammer Nordrhein haben wird.
  • In Sachsen-Anhalt existiert noch keine Ethikkommission.

Kosten der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland

Die Kosten für die Arbeit der Ethikkommission belaufen sich auf 1.500 bis 4.000 Euro und müssen vom Antragsteller selbst getragen werden. Hinzu kommen die Kosten für die IVF- oder ICSI-Behandlung. In Einzelfällen können die Gesamtkosten bis zu 10.000 Euro betragen.

Wenn neben der Indikation für eine PID auch eine eingeschränkte Fruchtbarkeit des Paares diagnostiziert wurde, beteiligen sich die Krankenkassen an den Kosten der künstlichen Befruchtung gemäß den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches SGB V, §27a.

Wichtige Hinweise und Risiken der PID

Da die PID nur im Rahmen einer künstlichen Befruchtung durchgeführt wird, müssen die Risiken dieser Verfahren berücksichtigt werden.

Da die PID bis 2011 in Deutschland nicht erlaubt war, gibt es noch keine bundesweiten Statistiken zu Schwangerschaften und geborenen Kindern. Erfahrungen aus dem Ausland wurden von der European Society for Human Reproduction and Embryology (ESHRE) zusammengefasst. Zwischen 1999 und 2008 wurden in 57 überwiegend europäischen PID-Zentren rund 27.500 künstliche Befruchtungen mit PID durchgeführt, die in etwa 4.000 Geburten resultierten. Die Geburtenrate pro Eizellentnahme betrug etwa 19 %. Im Durchschnitt wurden bei jedem Behandlungszyklus etwa zehn Eizellen befruchtet, von denen etwa zwei als für die Übertragung in die Gebärmutter geeignet eingestuft wurden.

Technische Fortschritte und Zukunft der Präimplantationsdiagnostik

Die Präimplantationsdiagnostik ist ein dynamisches Forschungsfeld. Neue Techniken wie die Next-Generation-Sequencing (NGS) ermöglichen es, die gesamte DNA eines Embryos schneller und genauer zu analysieren. Diese Fortschritte könnten die Erfolgsraten der PID weiter erhöhen und die Risiken für diagnostische Fehler reduzieren. Auch CRISPR-Cas9, eine Methode zur gezielten Genom-Editierung, wird intensiv erforscht und könnte in Zukunft eine Rolle in der PID spielen.

Darüber hinaus werden soziale und ethische Diskussionen fortgesetzt, um die Balance zwischen medizinischem Fortschritt und ethischen Grundsätzen zu finden. Es ist wahrscheinlich, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen an diese Entwicklungen anpassen werden.

Erfahrungsberichte zur Präimplantationsdiagnostik

Viele Paare, die sich für die PID entschieden haben, berichten von der emotionalen Belastung und den Herausforderungen des Verfahrens. Gleichzeitig erzählen sie auch von der Hoffnung und Freude, die ein gesundes Kind bringt. Diese persönlichen Geschichten bieten wertvolle Einblicke und können anderen Paaren, die vor einer ähnlichen Entscheidung stehen, Mut machen.

Ein typischer Erfahrungsbericht könnte wie folgt aussehen:

„Nachdem wir mehrere Fehlgeburten erlebt hatten, entschieden wir uns für die PID. Es war eine schwierige Zeit voller Unsicherheit, aber als wir endlich unser gesundes Baby in den Armen hielten, wussten wir, dass es die richtige Entscheidung war. Die Unterstützung durch das medizinische Team und die Beratung waren entscheidend für unseren Erfolg.“ – Anna und Thomas M.

Fazit zur Präimplantationsdiagnostik in Deutschland

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine Untersuchungsmethode, die vor der Einpflanzung von Embryonen in die Gebärmutter durchgeführt wird. Ihr Zweck ist es, genetische Anomalien oder Chromosomenstörungen zu identifizieren. In Deutschland ist die PID nur erlaubt, wenn ein hohes Risiko für schwere Erbkrankheiten besteht oder eine Schädigung des Embryos zu erwarten ist, die wahrscheinlich zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen würde. Das Verfahren wird im Rahmen einer künstlichen Befruchtung durchgeführt und unterliegt strengen rechtlichen und ethischen Bestimmungen. Die Entscheidung über die Durchführung einer PID liegt bei Ethikkommissionen. Die Kosten sind hoch und müssen vom Antragsteller getragen werden. Technologische Fortschritte und persönliche Erfahrungsberichte zeigen jedoch, dass die PID für viele Paare eine wertvolle Option darstellt, ein gesundes Kind zu bekommen.