Präimplantationsdiagnostik 2025 – Ablauf, Kosten und Gesetz in Deutschland

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Zappelphilipp Marx
Blastozyste unter dem Mikroskop während einer Trophektoderm-Biopsie im IVF-Labor

Präimplantationsdiagnostik (PID) gibt Paaren mit hohem genetischem Risiko die Möglichkeit, Embryonen vor dem Einsetzen in die Gebärmutter genetisch zu untersuchen. So lassen sich Übertragungen schwerer Erbkrankheiten oder bestimmte Ursachen wiederholter Fehlgeburten reduzieren, ohne dass erst eine Schwangerschaft entstehen muss. Dieser Leitfaden erklärt kompakt, wie PID abläuft, für wen sie infrage kommt, welche Kosten realistisch sind und welche rechtlichen Grenzen in Deutschland gelten.

Was genau ist Präimplantationsdiagnostik?

PID bedeutet, dass im Rahmen einer IVF- oder ICSI-Behandlung einzelne Zellen eines Embryos im Labor entnommen und genetisch untersucht werden, bevor der Embryo in die Gebärmutter übertragen wird. International spricht man heute meist von Preimplantation Genetic Testing (PGT). Fachgesellschaften wie ESHRE haben dafür detaillierte Qualitätsstandards festgelegt.

Wichtig: PID ersetzt keine normale Schwangerschaftsvorsorge. Sie kann das Risiko für bestimmte genetische Erkrankungen und Fehlgeburten senken, bietet aber keine Garantie für ein gesundes Kind oder eine komplikationslose Schwangerschaft.

Kurz-Glossar PID & PGT

  • PID / PGD – klassische Bezeichnung für die genetische Untersuchung von Embryonen vor dem Transfer.
  • PGT-M – Test auf monogene Erbkrankheiten, zum Beispiel Mukoviszidose oder bestimmte Muskeldystrophien.
  • PGT-A – Test auf Anomalien der Chromosomenzahl (Aneuploidien), etwa Trisomie 21 oder 18.
  • PGT-SR – Test bei strukturellen Chromosomenveränderungen, zum Beispiel balancierten Translokationen.
  • niPGT-A – nicht-invasive Variante, bei der freie DNA aus der Kulturflüssigkeit statt Biopsiezellen untersucht wird.

Für wen ist PID sinnvoll?

PID richtet sich an eine kleine, klar definierte Gruppe von Paaren. Typische Konstellationen:

  • Nachgewiesene Genmutation mit hohem Risiko für eine schwere, früh einsetzende Erbkrankheit.
  • Ausgeprägte strukturelle Chromosomenveränderungen (zum Beispiel balancierte Translokation) bei einem Elternteil.
  • Mehrere Fehl- oder Totgeburten mit vermutet genetischer Ursache trotz vorheriger Abklärung.
  • Seltene Konstellationen, in denen ein Kind nur durch HLA-kompatible Stammzellspende eines Geschwisterkindes behandelt werden könnte.

Ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, wird nach humangenetischer Beratung geprüft und anschließend durch eine unabhängige PID-Ethikkommission im Einzelfall bewertet.

Ablauf eines PID-Zyklus in der Praxis

  1. Genetische Beratung und Indikationsklärung – eine humangenetische Fachärztin oder ein Facharzt klärt, ob PID medizinisch sinnvoll und rechtlich zulässig ist und welche Teststrategie passt.
  2. Hormonstimulation – über 8–12 Tage werden die Eierstöcke stimuliert, damit mehrere Eizellen reifen; Ultraschall- und Blutkontrollen steuern die Dosierung.
  3. Eizellentnahme und Befruchtung – die Eizellen werden unter Kurznarkose entnommen und im Labor mit den Spermien befruchtet (IVF oder ICSI). Es entstehen Embryonen, die im Inkubator kultiviert werden.
  4. Embryokultur und Biopsie – am fünften Tag (Blastozyste) entnimmt das Labor einige Zellen aus dem Trophektoderm. Die innere Zellmasse bleibt unangetastet. Bei niPGT-A wird stattdessen die Kulturflüssigkeit analysiert.
  5. Genanalyse – spezialisierte Labore untersuchen das genetische Material, häufig mit Next-Generation-Sequencing. Die Ergebnisse liegen meist innerhalb weniger Tage vor.
  6. Embryotransfer oder Kryokonservierung – genetisch unauffällige Embryonen werden einzeln übertragen oder eingefroren und in einem späteren Zyklus eingesetzt.

Kosten in Deutschland 2025

Ein PID-Zyklus ist deutlich teurer als eine Standard-IVF, weil neben der Kinderwunschbehandlung zusätzliche Diagnostik, Laborschritte und Gremienverfahren dazukommen. Die Spannbreite hängt stark von Zentrum, Labor, Zahl der Embryonen und Teststrategie ab.

LeistungsbereichTypische Kosten 2025Was ist enthalten?
Ethikkommission und Antrag1.500–4.000 €Unterlagen, Fallkonferenz, Bescheid der Kommission.
PGT-M / PGT-A / PGT-SR3.000–4.500 €Laboranalyse der Embryonen, Bioinformatik, Befundberichte.
IVF/ICSI inkl. Stimulation3.500–4.500 €Medikamente, Monitoring, Eizellentnahme, Befruchtung und Embryokultur.
Kryokonservierung300–600 € pro JahrLagerung genetisch geeigneter Embryonen im Kryotank.
niPGT-A / Time-Lapse (optional)800–1.800 €Analyse der Kulturflüssigkeit bzw. kontinuierliche Bildgebung im Inkubator.

Gesetzliche Krankenkassen beteiligen sich nur, wenn zusätzlich eine behandlungsbedürftige Unfruchtbarkeit vorliegt und die Voraussetzungen der einschlägigen Richtlinien erfüllt sind. Private Versicherungen können je nach Vertrag deutlich mehr übernehmen, verlangen aber fast immer eine individuelle Kostenzusage vor Behandlungsbeginn.

Erfolgschancen und Risiken

Die Erfolgswahrscheinlichkeit hängt vor allem vom Alter der Frau, der Eizellreserve, der Ursache der Unfruchtbarkeit und der Zahl genetisch geeigneter Embryonen ab. Moderne IVF-Behandlungen mit frischen Embryonen erreichen im Schnitt Geburtenraten von etwa 20–25 % pro Transfer, bei Patientinnen unter 35 Jahren deutlich höher.

Alter der FrauGeburtenrate pro TransferEinordnung bei PID
< 35 Jahreca. 30–40 %Oft mehrere genetisch geeignete Embryonen, gute kumulative Chancen.
35–39 Jahreca. 20–30 %PGT-A kann Fehlgeburten reduzieren und unnötige Transfers vermeiden.
≥ 40 Jahre< 20 %Deutlich weniger euploide Embryonen; PID schafft Klarheit, kann das Alter aber nicht ausgleichen.

Medizinische und psychische Risiken

  • Biopsie und Mosaik – Trophektoderm-Biopsien gelten bei erfahrenen Teams als sicher, doch Mosaikembryonen können falsch-positiv oder falsch-negativ eingestuft werden. Grenzbefunde werden interdisziplinär bewertet.
  • Hormonelle Nebenwirkungen – moderne Stimulationsprotokolle senken das Risiko eines schweren ovariellen Hyperstimulationssyndroms deutlich, ganz ausschließen lässt es sich nicht.
  • niPGT-A als Forschungsfeld – nicht-invasive Verfahren zeigen gute Sensitivität, aber teils begrenzte Spezifität, sodass theoretisch auch brauchbare Embryonen ausgeschlossen werden könnten.
  • Psychische Belastung – Kinderwunsch, Ethikfragen und Wartephasen auf genetische Befunde können stark belasten. Psychologische Unterstützung und Selbsthilfegruppen sind daher oft sehr hilfreich.

Auslandsvergleich 2025

Viele Paare informieren sich über Angebote in anderen Ländern. Gründe sind neben Kosten flexiblere Altersgrenzen, andere Indikationskriterien oder die Verfügbarkeit bestimmter Techniken. Einige Orientierungspunkte:

Schweiz

  • PID ist seit 2017 erlaubt, inklusive PGT-A und PGT-M.
  • Zusatzkosten von etwa 2.000–5.000 CHF zur IVF-Behandlung.
  • Starke Betonung von eSET und Vermeidung von Mehrlingsschwangerschaften.

Niederlande

  • Zentralisierte PID-Zentren; Geschlechtsselektion aus nicht-medizinischen Gründen bleibt verboten.
  • Zusatzkosten von rund 2.500–4.000 € je nach Testart.
  • Gute Registerdaten und hohe Transparenz zur Ergebnisqualität.

Tschechien

  • Altersgrenzen für Patientinnen häufig bis 48 Jahre.
  • PGT-A als häufig gebuchtes Add-on ab rund 1.800 €.
  • Beliebtes Ziel für grenzüberschreitende Behandlungen aus Deutschland.

Österreich

  • PID seit 2015 legal; Indikationen ähneln den deutschen Regelungen.
  • Zusatzkosten von etwa 2.000–5.000 € zur IVF.
  • Erstattung über öffentliche Systeme nur in eng begrenzten Fällen.

USA

  • PGT-A sehr verbreitet, nationale Restriktionen gibt es kaum; Details hängen vom Bundesstaat ab.
  • Zusatzkosten für PGT-A von etwa 4.000–6.000 US-Dollar; vollständige Zyklen oft über 25.000 US-Dollar.
  • Der Großteil der Leistungen wird privat bezahlt, Versicherungsschutz ist sehr heterogen.

Gesetzliche Lage in Deutschland

In Deutschland ist PID nur in engen Ausnahmefällen erlaubt. Grundlage sind unter anderem das Embryonenschutzgesetz (ESchG), das Gendiagnostikgesetz (GenDG), die Präimplantationsdiagnostikverordnung (PIDV) und die PID-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).

  • PID darf nur bei hohem Risiko für eine schwerwiegende Erbkrankheit oder eine Tot- bzw. Fehlgeburt auf genetischer Grundlage durchgeführt werden.
  • Vor jeder PID muss eine unabhängige PID-Ethikkommission den Antrag prüfen und zustimmen. Antragsberechtigt ist die Frau, von der die Eizellen stammen.
  • Nur speziell zugelassene Zentren mit entsprechenden Labor- und Beratungskapazitäten dürfen PID anbieten; sie unterliegen einer Melde- und Dokumentationspflicht.
  • Paare haben Anspruch auf umfassende Aufklärung über Chancen, Risiken, Alternativen und die Möglichkeit, sich gegen PID zu entscheiden.

Laienverständliche Informationen bietet das Informationsportal Kinderwunsch des Bundesfamilienministeriums mit medizinischen Grundlagen, Rechtslage und Unterstützungsangeboten.

Praxistipps für Paare

  1. Neutrale Quellen nutzen – informiere dich zuerst über Fachgesellschaften und offizielle Portale, bevor du Foren und Social Media bewertest.
  2. Kosten klar machen – fordere einen schriftlichen Kostenvoranschlag, in dem IVF, PGT, Medikamente, Lagerung und Zusatzoptionen getrennt aufgeführt sind.
  3. Krankenkasse und Versicherung früh ansprechen – kläre vor Beginn, was übernommen wird und welche Nachweise nötig sind.
  4. Mehrere Zyklen einplanen – oft braucht es mehr als einen Versuch, bis ein genetisch geeigneter Embryo entsteht und zu einer Schwangerschaft führt.
  5. Unterstützung organisieren – psychologische Beratung, Selbsthilfegruppen und Austausch mit anderen Betroffenen helfen, Druck und Schuldgefühle zu reduzieren.

Alternativen zur Präimplantationsdiagnostik und ethische Aspekte

PID ist nicht für alle Paare zugänglich oder passend. Alternativen sind etwa eine natürliche oder IVF-Schwangerschaft mit nachfolgender Pränataldiagnostik (Chorionzottenbiopsie, Fruchtwasseruntersuchung), die Nutzung von Spendersamen oder Spenderinnen-Eizellen, Adoption oder Pflegekindschaft – oder die bewusste Entscheidung, auf genetische Tests zu verzichten.

Ethisch bewegen sich Paare in einem Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach einem möglichst gesunden Kind, dem Schutz von Menschenwürde und der Sorge vor einer Normalisierung von Selektion. Eine gute humangenetische und psychosoziale Beratung hilft, eine Entscheidung zu treffen, die zu den eigenen Werten passt.

Fazit

Präimplantationsdiagnostik kann Paaren mit hohem genetischem Risiko helfen, schwere Erbkrankheiten und manche Fehlgeburten zu vermeiden. Das Verfahren ist technisch ausgereift, rechtlich streng geregelt und finanziell wie emotional anspruchsvoll.

Haftungsausschluss: Inhalte auf RattleStork dienen ausschließlich allgemeinen Informations- und Bildungszwecken. Sie stellen keine medizinische, rechtliche oder sonstige fachliche Beratung dar; es wird kein bestimmter Erfolg garantiert. Die Nutzung der Informationen erfolgt auf eigene Gefahr. Einzelheiten finden Sie in unserem vollständigen Haftungsausschluss.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Präimplantationsdiagnostik bedeutet, dass im Rahmen einer IVF- oder ICSI-Behandlung Embryonen im Labor genetisch untersucht werden, bevor einer davon in die Gebärmutter eingesetzt wird, um bei sehr hohem Risiko bestimmte schwere Erbkrankheiten zu vermeiden oder wiederholte Fehlgeburten zu reduzieren.

PGT-A prüft die Zahl der Chromosomen und richtet sich vor allem gegen Aneuploidien und Fehlgeburten, PGT-M sucht gezielt nach einer bekannten monogenen Mutation in der Familie, etwa Mukoviszidose, und PGT-SR untersucht strukturelle Chromosomenveränderungen wie balancierte Translokationen, die Fehlgeburten oder nicht lebensfähige Kinder verursachen können.

Für PID infrage kommen Paare, bei denen aufgrund einer genetischen Veränderung ein hohes Risiko für eine schwerwiegende Erbkrankheit oder eine Tot- beziehungsweise Fehlgeburt besteht oder bei denen mehrere Fehlgeburten mit vermutet genetischer Ursache aufgetreten sind, wenn eine Ethikkommission dies nach humangenetischer Beratung im Einzelfall genehmigt.

Ein typischer PID-Zyklus dauert vom Beginn der Hormonstimulation bis zum ersten möglichen Embryotransfer etwa vier bis sechs Wochen, wobei vorab noch die genetische Beratung, die Antragstellung bei der Ethikkommission und teilweise ein eigener Vorlauf zur Entwicklung des Testverfahrens dazukommen können.

Die Erfolgschancen hängen stark vom Alter der Frau, der Eizellreserve und der zugrunde liegenden Erkrankung ab, liegen in vielen Registern pro Embryotransfer etwa im Bereich von 20 bis 30 Prozent und können bei Frauen unter 35 deutlich höher sein, während bei älteren Patientinnen häufig weniger genetisch unauffällige Embryonen verfügbar sind und mehrere Versuche nötig sein können.

Bei der heute üblichen Biopsie am fünften Tag werden nur wenige Zellen aus dem äußeren Trophektoderm entnommen, und große Auswertungen zeigen bei fachgerechter Durchführung keine klar erhöhte Rate an Fehlbildungen, dennoch kann der Eingriff theoretisch die Implantationschance etwas beeinflussen und sollte nur in erfahrenen Zentren erfolgen, die ihre Ergebnisse regelmäßig überprüfen.

Von einem Mosaik spricht man, wenn in einem Embryo sowohl genetisch unauffällige als auch auffällige Zelllinien vorkommen, was die Auswertung erschwert, weil die Biopsie nur einen kleinen Ausschnitt erfasst und die Einschätzung, ob ein solcher Embryo sich gesund entwickeln könnte, von Laborerfahrung, Grenzwerten und individuellen Faktoren abhängt und deshalb sorgfältig besprochen werden sollte.

Nicht-invasive Verfahren wie niPGT-A, bei denen die DNA aus der Kulturflüssigkeit analysiert wird, werden intensiv erforscht und liefern bereits spannende Daten, gelten aber wegen noch begrenzter Genauigkeit und möglicher Fehlklassifikationen vielerorts eher als ergänzende Option oder Studienverfahren und noch nicht als voll etablierter Ersatz der klassischen Trophektoderm-Biopsie.

In der Praxis sollte man in Deutschland pro PID-Zyklus meist mit Gesamtkosten zwischen etwa 8.000 und 12.000 Euro rechnen, da neben der IVF oder ICSI auch Ethikkommission, genetische Analyse, Medikamente, mögliche Zusatzleistungen wie Time-Lapse-Imaging und die Lagerung eingefrorener Embryonen bezahlt werden müssen und je nach Zentrum Auf- oder Abschläge möglich sind.

Gesetzliche Krankenkassen beteiligen sich nur unter engen Voraussetzungen und in der Regel nur dann, wenn zusätzlich eine behandlungsbedürftige Unfruchtbarkeit vorliegt und alle formalen Kriterien erfüllt sind, während private Versicherungen je nach Vertrag mehr übernehmen können, aber fast immer eine schriftliche Kostenzusage vor Behandlungsbeginn verlangen, weshalb eine frühzeitige Nachfrage wichtig ist.

PID ist in Deutschland in gesetzlich definierten Ausnahmefällen erlaubt und darf nur in zugelassenen Zentren nach vorheriger Zustimmung einer unabhängigen PID-Ethikkommission durchgeführt werden, die prüft, ob im konkreten Fall ein hohes Risiko für eine schwerwiegende Erbkrankheit oder eine Tot- beziehungsweise Fehlgeburt besteht und die anderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Als Alternativen zu PID kommen zum Beispiel eine Schwangerschaft mit anschließender Pränataldiagnostik, die Nutzung von Spendersamen oder Spenderinnen-Eizellen, Adoption oder Pflegekindschaft sowie die bewusste Entscheidung gegen genetische Tests infrage, wobei jede Option eigene medizinische, rechtliche und emotionale Konsequenzen hat, die in der Beratung besprochen werden sollten.

Ein gutes PID-Zentrum erkennst du an der offiziellen Zulassung, transparenter Information über Indikationen und Abläufe, nachvollziehbaren Erfolgszahlen, klaren Kostenstrukturen, vorhandener humangenetischer und psychologischer Beratung sowie dem Eindruck, dass du mit deinen Fragen ernst genommen wirst und Entscheidungen in Ruhe und ohne Druck treffen kannst.