Früher vermied man es, kleinen Kindern die ungeschminkte Wahrheit über ihre Zeugung und Geburt zuzumuten. Daher erzählte man ihnen die Geschichte vom Klapperstorch, der die Kinder bringt. Aber woher stammt diese Legende?
Historische Tabus: Warum Kinder nicht die Wahrheit erfuhren
Früher wollte man kleinen Kindern nicht die wahren Umstände von Zeugung und Geburt erklären. Man hielt die Vorgänge im und um den Unterleib für ungeeignet für zarte Kinderohren. Aber warum wählte man ausgerechnet den Storch als Überbringer der Babys?
Auch Märchen müssen glaubwürdig sein
Versetzen wir uns einige Jahrhunderte zurück: Wer sonst hätte als Bote für Babys dienen können? Elefanten und Kängurus sind hier nicht heimisch, Wölfe und Bären galten als böse, und die meisten anderen Tiere, einschließlich Vögel, waren zu klein. Der Storch hingegen war ein bekanntes, heimisches Tier und groß genug, um glaubwürdig als Babylieferant zu erscheinen.
Frösche als Symbole der Fruchtbarkeit und Kinderseelen im Wasser
Der Storch hält sich häufig in der Nähe von Wasser auf und fängt Frösche. Experten wie der Mainzer Volkskundler Michael Simon behaupten, dass diese Eigenschaft dem Storch zu seinem Ruf als Babylieferant verholfen hat. Im alten deutschen Volksglauben wohnten die Seelen der Kinder im Wasser, und Wasser galt als Symbol für den Beginn neuen Lebens. Dies könnte auch auf das Fruchtwasser im Mutterleib anspielen.
Kinder aus dem Wasser
In zahlreichen Märchen wird der Brunnen zu einem Symbol für das entstehende neue Leben, besonders im "Froschkönig". Das Wasser, aus dem die Kinder bei ihrer Geburt emporgehoben werden, repräsentiert das Fruchtwasser. Dieses Symbol findet sich bereits in der Geschichte des Mosekindes, das von der Königstochter aus dem Nil gezogen und liebevoll aufgenommen wird (Buch Exodus, Kapitel 2).
Storch als Synonym für den Penis
Im Mittelalter wurde "Mannes Storch" als eine Umschreibung für den Penis verwendet. Daher erklärt sich das Bild, dass der Storch der Mutter ins Bein gebissen habe. Der Storch zieht die Frösche aus dem Teich und verschlingt sie. Da er angeblich der Mutter ins Bein gebissen hat, liegt die Vermutung nahe, dass er auch die Kinder bringt, die er aus der Quelle des Lebens holt. Dieses Motiv ist seit 1678 belegt.
Adebar - der Glücksbringer
Passend dazu ist, dass der Storch früher auch den Spitznamen Adebar trug. Dieser Name setzt sich zusammen aus dem althochdeutschen "Auda", was Glück bedeutet, und der Endsilbe "bar", die "bringen" oder "tragen" bedeutet. Adebar – der Glücksbringer.
Moderne Traditionen
Heute noch ist es in vielen Regionen Deutschlands üblich, nach der Geburt eines Kindes einen hölzernen Storch im Garten oder auf dem Dach aufzustellen. Dieser Brauch symbolisiert das Glück und die Freude über das neue Familienmitglied und hat sich als liebevolle Tradition etabliert.
Der Storch und die Geburtenrate
Eine interessante, wenn auch humorvolle Beobachtung ist die vermeintliche Korrelation zwischen der Storchenpopulation und der Geburtenrate. Zwischen 1970 und 1985 wurde in Niedersachsen ein Rückgang der Storchenpopulation und der Geburtenrate gleichzeitig beobachtet, was zu scherzhaften Spekulationen führte, dass weniger Störche auch weniger Babys bringen würden.
Der Klapperstorch als Namensgeber unserer Webseite
Das deutsche Wort "Klapperstorch" existiert in den meisten anderen Sprachen nicht. Daher haben wir uns der wörtlichen Übersetzung bedient, die "rattling stork" oder "rattlestork" lautet, und unsere Webseite entsprechend RattleStork genannt.