Wie lesbische Paare entscheiden, wer von ihnen schwanger wird

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Zappelphilipp Marx
Zärtliche Umarmung eines lesbischen Paars auf dem Sofa; sie planen ihre Familiengründung

Einführung

Viele Paare mit zwei Müttern stellen sich dieselbe Frage: Wer von uns wird schwanger? Die Antwort entsteht selten spontan. Medizinische Befunde, rechtliche Vorgaben, Zeit und Budget, Vereinbarkeit im Alltag und der gemeinsame Wunsch greifen ineinander. Dieser Leitfaden erklärt die gängigen Wege zur Schwangerschaft, ordnet die wichtigsten Kriterien und verlinkt auf verlässliche Quellen.

Gute Startpunkte: NHS: Infertility, NICE-Leitlinie CG156, HFEA: Behandlungsoptionen, ASRM: Preconception Counseling, ESHRE: Leitlinien.

Wege zur Elternschaft

Je nach Land, Gesundheit und persönlichen Vorstellungen kommen mehrere Wege infrage:

  • IUI (intrauterine Insemination) in der Klinik mit aufbereitetem Spendersamen.
  • IVF (In-vitro-Fertilisation), zum Beispiel bei zusätzlicher Indikation oder wenn Shared Motherhood geplant ist.
  • Reciprocal IVF / Shared Motherhood: Eizellen der einen Partnerin, die Schwangerschaft wird von der anderen ausgetragen.
  • Heiminsemination zu Hause. Medizinische und rechtliche Aspekte müssen sorgfältig geklärt werden.
  • Adoption oder Co-Parenting mit einer dritten Person oder einem anderen Paar.

Häufig führt eine Abfolge zum Ziel, etwa mehrere IUI-Zyklen und bei Bedarf später IVF.

Wer trägt? Medizin und Alltag

Medizinische Abklärung für beide

Voruntersuchungen umfassen Zyklus- und Ultraschallbefunde, Eizellreserve (AMH/AFC), Blutwerte, Infektionsscreenings und bei Bedarf genetische Beratung. Parallel lohnt es sich, Schlaf, Ernährung, Bewegung und Stressmanagement zu stabilisieren und Folsäure vor der Empfängnis zu beginnen.

Alter und Eizellqualität

Das Alter der Eizellen ist ein starker Erfolgsfaktor. Oft spricht es dafür, dass die jüngere Partnerin die Eizellen stellt oder die Schwangerschaft austrägt. Diagnosen wie Endometriose, Myome oder Schilddrüsenerkrankungen können die Planung verändern und sollten ärztlich bewertet werden.

Gesundheit, Beruf und Alltag

Neben Laborwerten zählt, was im Leben gut funktioniert: chronische Erkrankungen, Medikamente, mentale Gesundheit, Arbeitszeiten, Schichtdienst, Stillwunsch und Betreuungsnetz im Umfeld. Die Leitfrage lautet: Wer kann die körperliche und zeitliche Belastung jetzt realistisch bewältigen – und wer möchte das Kind austragen?

Entscheidungsmodelle

  • Eine Partnerin trägt das erste Kind aus, die andere zu einem späteren Zeitpunkt das zweite.
  • Beide versuchen zeitnah schwanger zu werden; gleichzeitige Geburten sind dennoch nicht planbar.
  • Reciprocal IVF: Eizellen von Partnerin A, die Schwangerschaft wird von Partnerin B ausgetragen – oder umgekehrt.

Spenderwahl und Rahmen

Zur Spendersuche gibt es mehrere Wege: Klinik- oder Samenbankspende, bekannter Spender im privaten Umfeld oder Matching-Plattformen. Klinische Wege bieten Laborqualität, Infektions- und genetische Tests sowie klare Dokumentation. Bei privaten Konstellationen sind medizinische Tests, schriftliche Absprachen und die lokale Rechtslage entscheidend. Prüft, welche Erwartungen ihr an Kontakt, Offenheit und spätere Informationen für das Kind habt.

Unabhängig vom Weg gilt: Ein transparentes, respektvolles Setting schützt alle Beteiligten – euch, den Spender und das zukünftige Kind.

Reciprocal IVF / Shared Motherhood

Das Vorgehen entspricht einer regulären IVF: Stimulation und Eizellentnahme bei Partnerin A, Befruchtung mit Spendersamen im Labor, Embryotransfer in die Gebärmutter von Partnerin B. Der Erfolg hängt maßgeblich am Eizellalter und an der individuellen Anamnese. Wichtig sind eine realistische Zeitplanung, ein klarer Medikamenten- und Terminplan sowie das Verständnis der körperlichen Belastung beider Partnerinnen.

Bauchansicht eines lesbischen Paars in Jeans und T-Shirts; sie halten Händchen, der freie Bauch ist gut sichtbar
Reciprocal IVF: Eizellen von Partnerin A, Schwangerschaft bei Partnerin B

Vorteile: Beide sind unmittelbar beteiligt; genetische Verbindung über die spendende Partnerin, Schwangerschaftserleben bei der anderen. Zu beachten: Kosten, Koordination der Zyklen, Versicherungsfragen und die rechtliche Einbettung im jeweiligen Land. Vertiefung: HFEA: Reciprocal IVF.

Optionen im Kurzvergleich

OptionKurz erklärtStärkenHinweise
IUI (Klinik)Aufbereitetes Spendersperma wird in die Gebärmutter eingebracht.Gute Sicherheits- und Qualitätsstandards, klare Dokumentation.Mehrere Zyklen einplanen; Zugang und Kosten je nach Land.
IVFBefruchtung im Labor, Embryotransfer in die Gebärmutter.Hohe Kontrolle, geeignet bei komplexeren Befunden.Invasiver und teurer; medizinische Vorbereitung erforderlich.
Reciprocal IVFEizellen von A, die Schwangerschaft wird von B ausgetragen.Beide sind aktiv beteiligt; klare Rollen.Erfolg hängt stark am Eizellalter; Versicherungs- und Rechtslage prüfen.
HeiminseminationInsemination zu Hause mit Spendersamen.Privat, flexibel, kostengünstig.Ohne Laborscreenings und Dokumentation steigt das Risiko; rechtlich sorgfältig klären.

Mehr dazu: HFEA-Kliniksuche, NICE CG156.

Sicherheit und Tests

Vor jedem Weg stehen aktuelle Infektionsscreenings, Impf- und Rötelnstatus, Medikamentencheck, Folsäurestart sowie die Stabilisierung bestehender Erkrankungen. Klinikpfade bieten darüber hinaus die Aufbereitung des Spermas, klare Labor- und Dokumentationsketten und bessere Nachverfolgbarkeit. Orientierung bieten NHS, ASRM und ESHRE.

Nützliche Übersichten: NHS, ASRM, ESHRE.

Planung: Zeit, Geld, Support

Plant mit mehreren IUI-Zyklen und möglichen Wartezeiten in Kliniken. Klärt früh, was euer Versicherungssystem erstattet und welche Eigenanteile realistisch sind. Stimmt Termine, Arbeitszeiten, Urlaube und Care-Support mit Familie und Freundeskreis ab. Legt fest, wer welche Aufgaben übernimmt: Terminmanagement, Dokumente, Kostenübersicht, Kontakt zum Spender oder zur Klinik.

Eine einfache Team-Checkliste: beide medizinisch abklären; rechtliche Rahmenbedingungen prüfen; bevorzugten Weg wählen; Budget und Zeitplan festlegen; Notfall- und Vertretungsplan im Alltag anlegen.

Wann zur Ärztin oder zum Arzt

  • Wenn nach mehreren Zyklen keine Schwangerschaft eintritt oder Zyklusauffälligkeiten bestehen.
  • Bei Vorerkrankungen oder Medikamenten mit Einfluss auf die Schwangerschaft.
  • Vor Heiminsemination, um Screening, Sicherheit und Rechtslage zu klären.
  • Vor IVF oder Reciprocal IVF zur Aufklärung über Erfolg, Risiken und Belastung.

Leitfäden und Ratgeber: NHS, NICE, HFEA.

Mythen und Fakten

  • Mythos: Heiminsemination ist immer die einfachste Lösung. Fakt: Ohne Tests und Dokumentation steigt das medizinische und rechtliche Risiko.
  • Mythos: Reciprocal IVF garantiert eine schnelle Schwangerschaft. Fakt: Die Chancen hängen vor allem am Eizellalter und individuellen Befunden.
  • Mythos: Wer körperlich fitter ist, sollte austragen. Fakt: Die Entscheidung hat viele Dimensionen – medizinisch, rechtlich, zeitlich und emotional.
  • Mythos: Nur die gebärende Mutter ist „richtige“ Mutter. Fakt: Elternschaft ist rechtlich und sozial definierbar; klärt die Dokumente und lebt euer Modell bewusst.
  • Mythos: Bei Spendersamen braucht es keine STI-Tests. Fakt: Screenings schützen euch und das Kind – unabhängig vom Weg.
  • Mythos: IUI und ICI sind gleichwertig. Fakt: In vielen Leitlinien wird IUI gegenüber ICI bevorzugt, da Erfolgsraten und Prozesskontrolle besser sind.
  • Mythos: Parallel-Schwangerschaften lassen sich sicher synchronisieren. Fakt: Es bleibt Biologie; Zeitpunkte lassen sich nicht garantieren.
  • Mythos: Reciprocal IVF ist immer die emotional beste Lösung. Fakt: Sie passt, wenn Rolle, Aufwand und Kosten für euch stimmig sind – sonst gibt es gute Alternativen.
  • Mythos: Ein bekannter Spender macht alles unkompliziert. Fakt: Klare Tests, Absprachen und Rechtslage sind auch hier entscheidend.
  • Mythos: Je mehr Stimulation, desto besser. Fakt: Überstimulation birgt Risiken; die Dosis richtet sich nach Diagnostik und Klinikprotokoll.
  • Mythos: Nach 35 klappt es kaum noch. Fakt: Die Chancen sinken, aber individuelle Befunde sind ausschlaggebend; gute Beratung hilft bei der Einordnung.
  • Mythos: Recht ist überall ähnlich. Fakt: Nationale Regeln unterscheiden sich deutlich; prüft immer die Lage vor Ort.

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RattleStork unterstützt euch mit verifizierten Profilen, sicherem Austausch, Checklisten für medizinische Schritte und Dokumente, Termin- und Zyklusnotizen und einem Fokus auf offene, verantwortungsvolle Modelle. RattleStork ersetzt keine medizinische Beratung.

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Fazit

Eine gute Entscheidung entsteht dort, wo medizinische Befunde, rechtliche Sicherheit, Zeit und Budget sowie euer gemeinsamer Wunsch zusammenfinden. Sammelt Fakten, sprecht offen miteinander, klärt die lokalen Regeln und wählt den Weg, der zu euch passt.

Haftungsausschluss: Inhalte auf RattleStork dienen ausschließlich allgemeinen Informations- und Bildungszwecken. Sie stellen keine medizinische, rechtliche oder sonstige fachliche Beratung dar; es wird kein bestimmter Erfolg garantiert. Die Nutzung der Informationen erfolgt auf eigene Gefahr. Einzelheiten finden Sie in unserem vollständigen Haftungsausschluss.

Frequently Asked Questions (FAQ)

Legt zuerst gemeinsame Kriterien fest (medizinische Befunde, Alter der Eizellen, Alltag, Wunsch), lasst beide eine Vorab-Abklärung machen und trefft die Entscheidung dann bewusst anhand dieser Fakten und eurer Präferenzen.

Das Alter der Eizellen beeinflusst die Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich, weshalb häufig die jüngere Partnerin bessere Chancen hat; individuelle Befunde können diese Tendenz aber verschieben.

Ja, bei Reciprocal IVF spendet eine Partnerin die Eizellen und die andere trägt die Schwangerschaft aus, wodurch genetische und körperliche Beteiligung verteilt werden.

Häufig werden mehrere gut getimte IUI-Zyklen empfohlen, bevor ein Wechsel zu IVF erwogen wird; Anzahl und Timing hängen von Alter, Befunden und Budget ab.

Sie kann funktionieren, birgt aber ohne Labortests, Dokumentation und klare rechtliche Rahmenbedingungen mehr Risiken; medizinische und rechtliche Beratung ist daher wichtig.

Ein bekannter Spender erfordert klare Absprachen, Tests und Verträge, während Klinikwege geprüfte Qualität, Dokumentation und meist klarere rechtliche Zuweisungen bieten; entscheidet nach euren Prioritäten und der lokalen Rechtslage.

Ja, empfohlen sind Zyklus- und Ultraschallbefunde, Eizellreserve, Blutwerte, Infektionsscreenings, Impfstatus und bei Bedarf genetische Beratung, plus Lebensstiloptimierung und Folsäurestart.

Arbeitszeiten, körperliche Belastung, Stillwunsch, psychische Gesundheit, Betreuungsnetz und geplante Elternzeit sollten realistisch einbezogen werden, damit Schwangerschaft und Wochenbett gut machbar sind.

Ihr könnt Zyklen koordinieren, Garantien gibt es aber nicht, da Empfängniszeitpunkte biologisch variieren und Behandlungen unterschiedlich ansprechen können.

Häufig ist die gebärende Person rechtlicher Elternteil; ob und wie die Partnerin anerkannt wird, hängt von Ehestatus, Unterlagen und nationalem Recht ab, weshalb ihr die lokalen Regeln früh prüfen solltet.

Ein Single-Embryo-Transfer reduziert Risiken von Mehrlingsschwangerschaften, die medizinisch belastender sein können; die Entscheidung trefft ihr mit der Klinik anhand eurer Befunde und Prioritäten.

Oft ist das möglich, sofern Verfügbarkeit, rechtliche Vorgaben und eventuelle Familieneinheiten-Limits eingehalten werden; plant rechtzeitig, wenn euch das wichtig ist.

Plant Zeit für Gespräche, sprecht über Erwartungen, Rollen und mögliche Enttäuschungen und holt bei Bedarf Beratung hinzu, damit sich beide gesehen und getragen fühlen.

Überprüft Timing, Befunde und Protokolle, besprecht realistische nächste Schritte und Pausen und entscheidet, ob ihr Anzahl der IUI-Zyklen erhöht, zu IVF wechselt oder das Rollenmodell anpasst.

Bewahrt medizinische Befunde, Einverständniserklärungen, Spenderunterlagen, Rechnungen, Behandlungsprotokolle und relevante rechtliche Vereinbarungen geordnet und langfristig zugänglich auf.