Einleitung
Wenn du über Samenspende nachdenkst und einen passenden Samenspender auswählen möchtest, prasseln schnell viele Fragen auf dich ein. Soll es ein Spender aus der Samenbank sein oder ein privater Samenspender aus einer Community oder App. Welche Fragen stellt man einem Samenspender im ersten Gespräch und woran erkennst du, ob er wirklich zu dir, deiner Situation und deinem zukünftigen Kind passt.
Dieser Leitfaden bündelt die wichtigsten Fragen an den Samenspender in einem praktischen Fragenkatalog. Du kannst die Checkliste nutzen, um private Samenspender zu vergleichen, das Interview mit einem Samenspender vorzubereiten und deine eigenen Grenzen bei Samenspende und Co-Parenting klarer zu sehen – egal ob du über RattleStork, über eine Samenbank oder über dein Umfeld suchst.
Warum gute Fragen an den Samenspender so wichtig sind
Samenspende ist keine kleine Gefälligkeit, sondern eine Entscheidung mit langfristigen Folgen für dich, dein mögliches Kind, den Samenspender und eventuell deine Partnerin oder deinen Partner. Gerade bei privater Samenspende ohne Samenbank ersetzt ein gutes Fragenpaket einen Teil der medizinischen und rechtlichen Filter, die Kliniken automatisch einbauen.
Gezielte Fragen an den Samenspender helfen dir unter anderem dabei:
- seine Motivation für die Samenspende zu verstehen
- Gesundheit, Spermaqualität und genetische Risiken besser einzuschätzen
- seine Vorstellungen von Kontakt, Rolle und Verantwortung nach der Geburt zu kennen
- zwischen seriösen Spendern und riskanten Angeboten zu unterscheiden
In regulierten Programmen sind Screening und Aufklärung Standard, etwa nach Empfehlungen von Fachgesellschaften zur Gametenspende und Richtlinien von Aufsichtsbehörden wie der Human Fertilisation and Embryology Authority im Vereinigten Königreich. Dort werden Spender medizinisch, genetisch und psychologisch geprüft, bevor ihr Sperma für Behandlungen eingesetzt wird.
Werte, Motivation und Grenzen
Bevor du tief in medizinische Details einsteigst, lohnt sich ein Block von Fragen zur Motivation des Samenspenders. Viele Konflikte entstehen, weil Spender und Empfängerinnen völlig unterschiedliche Bilder im Kopf haben, was Samenspende bedeutet, ob es mehr Richtung Co-Parenting geht oder eher wie ein anonymer Samenbank-Spender gedacht ist.
Mögliche Themen für diesen ersten Fragenblock im Gespräch mit dem Samenspender:
- persönliche Gründe, warum er Samenspender sein möchte
- Erfahrungen mit früheren Samenspenden und eigenen Kindern
- Einstellung zu Alleinerziehenden, Regenbogenfamilien und Co-Parenting
- Umgang mit Veränderungen, falls sich Wünsche oder Lebenssituationen später ändern
Wenn ein privater Samenspender deine Grenzen relativiert, Druck aufbaut oder sich über deine Vorsicht lustig macht, ist das ein deutliches Zeichen, dass er nicht zu dir passt – unabhängig davon, wie attraktiv sein Profil oder seine Spermawerte wirken.
Gesundheit und Familienanamnese
Gesundheit und Familiengeschichte sind Pflichtprogramm in jedem seriösen Fragenkatalog zur Samenspende. Samenbanken und Kinderwunschzentren screenen Spender systematisch auf Infektionen, genetische Erkrankungen und psychische Stabilität. Öffentliche Stellen wie die HFEA erklären, dass Spender dort nur im Rahmen klarer Altersgrenzen, Gesundheitskriterien und Familienlimits zugelassen werden.
Im Gespräch mit einem privaten Samenspender solltest du mindestens diese Themen konkret abfragen:
- Alter, bisherige Spermiogramme und grobe Ergebnisse zu Konzentration und Beweglichkeit
- körperliche und psychische Diagnosen, Krankenhausaufenthalte und laufende Therapien
- aktuelle und frühere sexuell übertragbare Infektionen sowie vorhandene Laborberichte
- schwere Erkrankungen in der Familie, etwa bestimmte Krebsarten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurologische Krankheiten
- genetische Erkrankungen oder bekannte Auffälligkeiten, die sich auf ein Kind auswirken könnten
- regelmäßige Medikamente, Substanzkonsum und Lebensstilfaktoren wie Schichtarbeit oder extremer Stress
Wichtiger als perfekte Werte ist, dass der Samenspender offen, nüchtern und verlässlich mit diesen Fragen umgeht. Wer medizinische Themen abtut oder Tests verweigert, ist kein Kandidat für eine verantwortungsvolle Samenspende.
Biografie, Alltag und Persönlichkeit
Auch wenn ein Samenspender in deinem Familienalltag kaum vorkommt, wird dein Kind irgendwann Fragen zu seiner Herkunft haben. Viele Familien, die Spendersamen nutzen, wünschen sich darum zumindest ein klares Bild von der Person, die genetisch beteiligt ist – unabhängig davon, ob Kontakt geplant ist.
Mögliche Themen für diesen Teil des Samenspender-Interviews:
- Kinder- und Jugendzeit, prägende Ereignisse und wichtige Bezugspersonen
- Ausbildung, Beruf und was dem Samenspender im Alltag wichtig ist
- Hobbys, Talente und Interessen wie Musik, Sport, Sprachen oder Technik
- Charaktereigenschaften, etwa eher ruhig oder extrovertiert, strukturiert oder spontan
- persönliche Werte wie Ehrlichkeit, Verantwortung, Freiheit, Familie oder Gerechtigkeit
- kulturelle oder religiöse Hintergründe, die später für die Identitätsfrage deines Kindes eine Rolle spielen könnten
Du musst nicht in allem übereinstimmen, aber ein klares Bild von Biografie, Persönlichkeit und Werten des Samenspenders macht es später leichter, deinem Kind seine Geschichte zu erklären.
Rolle in Zukunft und Kontaktwünsche
Der vielleicht wichtigste Themenblock in jedem Fragenkatalog zur Samenspende sind Rolle und Kontaktwünsche nach der Geburt. Kinderwunschzentren arbeiten hier mit standardisierten Einwilligungen und rechtlichen Rahmenbedingungen, etwa zu Elternschaft, Unterhalt, Auskunftsrechten und der maximalen Anzahl von Familien pro Spender.
Bei privater Samenspende solltest du mindestens diese Punkte klar abfragen:
- ob der Samenspender anonym bleiben, identifizierbar sein oder offenen Kontakt ermöglichen möchte
- ob er sich eher als genetischer Beitrag, als „Onkel-Figur“ oder als aktiver Co-Elternteil versteht
- ob und wie viele weitere Familien er aktuell oder in Zukunft unterstützen möchte
- wie er damit umgehen würde, wenn dein Kind später aktiv Kontakt sucht
- wie wichtig es ihm ist, bei medizinischen oder schulischen Entscheidungen einbezogen zu werden
- was für ihn ein klares Nein wäre, damit du seine Grenze genauso gut kennst wie deine eigene
Je klarer diese Erwartungen vor der ersten Samenspende ausgesprochen und dokumentiert werden, desto niedriger ist das Risiko für spätere Konflikte oder Enttäuschungen.
Konkrete Fragen an deinen Samenspender – Checkliste
Jetzt kommt der Teil, den viele sich von einem Ratgeber zur Samenspende wünschen: eine konkrete Fragenliste, die du im Gespräch oder Video-Call mit deinem Samenspender einfach durchgehen kannst. Du kannst dir diese Checkliste speichern, ausdrucken oder in der RattleStork App als Notizen daneben legen, während du private Samenspender vergleichst.

Die Fragen sind bewusst offen formuliert, damit der Samenspender erzählen kann. Du musst sie nicht alle in einem Gespräch abarbeiten, kannst sie aber Schritt für Schritt nutzen, um Motivation, Gesundheit, Rolle und Zuverlässigkeit eines privaten Samenspenders umfassend einzuschätzen.
- Was motiviert dich persönlich dazu, Samenspender zu sein, und was ist dir an Samenspende besonders wichtig?
- Hast du bereits Kinder oder Spenderkinder, und wenn ja, wie viele Kinder und wie viele Familien sind ungefähr durch deine Samenspende entstanden?
- Über welche Wege hast du bisher gespendet, zum Beispiel Samenbank, Kinderwunschklinik oder private Samenspende über Plattformen und Gruppen?
- Wie stellst du dir deine Rolle nach der Geburt unseres Kindes vor, eher ohne Kontakt, mit gelegentlichen Updates oder als sichtbar anwesende Person im Leben des Kindes?
- Wie alt bist du und gab es in den letzten Jahren ein Spermiogramm oder eine ärztliche Einschätzung deiner Fruchtbarkeit, und wie waren die groben Ergebnisse?
- Wie würdest du deine aktuelle körperliche Gesundheit beschreiben, gibt es chronische Erkrankungen, Operationen oder Krankenhausaufenthalte, von denen ich wissen sollte?
- Wie geht es dir psychisch, gab es in der Vergangenheit psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen, und hast du Unterstützung genutzt?
- Welche schwereren Erkrankungen kommen in deiner Familie vor, zum Beispiel bestimmte Krebsarten, Herzinfarkte in jungen Jahren, Schlaganfälle, Diabetes oder neurologische Erkrankungen?
- Gibt es bekannte genetische Erkrankungen oder Auffälligkeiten in deiner Familie, die sich auf ein Kind auswirken könnten, und wurden dazu schon Tests gemacht?
- Wann wurdest du zuletzt auf HIV, Hepatitis B und C, Syphilis, Chlamydien und Gonorrhö getestet, und wärst du bereit, vor Beginn der Samenspende aktuelle Laborberichte vorzulegen?
- Rauchst du, trinkst du regelmäßig Alkohol oder konsumierst du andere Substanzen, und wenn ja, in welchem Umfang und seit wann?
- Welche Medikamente nimmst du täglich oder langfristig ein, etwa wegen Bluthochdruck, Autoimmunerkrankungen oder psychischer Erkrankungen, und lassen sich diese mit einer Samenspende vereinbaren?
- Wie sieht ein typischer Tag in deinem Leben aus, was machst du beruflich und wie stressig oder körperlich belastend empfindest du deinen Alltag?
- Welche Hobbys, Interessen oder besonderen Talente hast du, und spielst du sie dir so vor, dass sie vielleicht später auch für ein Kind spannend sein könnten?
- Welche Werte sind dir im Leben besonders wichtig, zum Beispiel Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Selbstbestimmung, Familie oder soziale Gerechtigkeit, und warum gerade diese?
- Wie viele Spenden hast du bisher ungefähr gemacht und in welchem zeitlichen Rahmen, und gibt es eine klare Obergrenze, wie viele Familien du insgesamt unterstützen möchtest?
- Hast du dich mit rechtlichen Fragen rund um Samenspende schon beschäftigt, etwa dazu, wer als rechtliche Eltern gilt, und wie stehst du zu vertraglichen Absprachen und schriftlichen Vereinbarungen?
- Welche Inseminationsmethoden kommen für dich in Frage, zum Beispiel nur Bechermethode zu Hause, klinische Insemination mit aufbereitetem Sperma oder etwas anderes, und welche Methoden schließt du aus?
- Wie flexibel bist du zeitlich, wenn es um Eisprungtage und kurzfristige Absprachen geht, und über welchen Zeitraum wärst du bereit, uns für Samenspenden zur Verfügung zu stehen?
- Wie stellst du dir sichere und respektvolle Treffen vor, an welchen Orten würdest du dich wohlfühlen, und welche Sicherheitsregeln sind dir selbst wichtig?
- Bist du bereit, unsere Absprachen zu Rolle, Kontakt, Anzahl der Versuche, Methode und Kosten schriftlich festzuhalten, und würdest du diese gegebenenfalls mit einer Beratungsstelle oder Anwältin durchgehen?
- Was soll unser Kind später mindestens über dich wissen, etwa Herkunft, Beruf, Hobbys, gesundheitliche Informationen oder deine Gedanken dazu, Samenspender zu sein?
- Wie würdest du reagieren, wenn unser Kind mit 16 oder 18 Jahren aktiv Kontakt zu dir sucht und dir Fragen zu seiner Herkunft stellt, und was wäre dir in so einer Situation wichtig?
- Gibt es etwas, das du dir im Gegenzug von uns wünschst, zum Beispiel bestimmte Informationen über das Kind, Art und Häufigkeit von Updates oder bestimmte Grenzen, die wir respektieren sollen?
- Gibt es noch etwas Wichtiges, das wir noch nicht angesprochen haben, das dir in Bezug auf Samenspende, Co-Parenting oder deine Rolle als Samenspender sehr wichtig ist?
Wenn du beim Durchgehen der Checkliste merkst, dass Antworten ausweichend bleiben, sich widersprechen oder dein Bauchgefühl dauerhaft dagegen spricht, ist das ein gutes Zeichen, weiterzusuchen. Ein verlässlicher Samenspender beantwortet kritische Fragen zur Samenspende ruhig, offen und ohne Druck – auch wenn nicht immer alles perfekt ist.
Warnsignale bei Samenspendern
So hilfreich ein strukturierter Fragenkatalog ist, genauso wichtig ist es, Warnsignale bei der Auswahl eines Samenspenders ernst zu nehmen. Gerade in unregulierten Online-Gruppen berichten Betroffene und Fachleute immer wieder von Spendern, die Grenzen überschreiten, Samenspende als Datingersatz nutzen oder später ihre Rolle völlig anders sehen als vereinbart.
Typische Warnsignale können sein:
- der Samenspender drängt auf natürliche Insemination, obwohl du das klar abgelehnt hast
- er lehnt aktuelle medizinische Tests ab, spielt Infektionsrisiken herunter oder liefert keine nachvollziehbaren Laborberichte
- er weicht Fragen nach bisherigen Spenden, der Anzahl möglicher Spenderkinder oder vorhandenen eigenen Kindern aus
- er baut Zeitdruck auf, setzt dich emotional unter Druck oder macht dein Kinderwunschprojekt von sexuellen Gegenleistungen abhängig
- er möchte Treffen nur an abgelegenen Orten oder ohne klare Sicherheitsabsprachen und respektiert deine Sicherheitswünsche nicht
- er widerspricht sich häufig bei Informationen zu Beruf, Gesundheit, Familienstand oder Wohnort
Regulierte Kinderwunschzentren und Samenbanken arbeiten mit klaren rechtlichen Vorgaben zu Elternschaft, Nutzung von Spendersamen und Auskunftsrechten. Offizielle Informationen zeigen, dass Spender dort begrenzt viele Familien unterstützen dürfen und keine rechtliche Elternrolle haben, wenn die Behandlung im lizenzierten Rahmen erfolgt. Wenn du privat suchst, übernehmen deine Fragen, dein Tempo und deine No-Gos einen wichtigen Teil dieser Schutzfunktion.
Wann professionelle Hilfe sinnvoll ist
Auch wenn du deinen Weg über private Samenspender, Communities oder Apps gehst, kann professionelle Unterstützung sehr helfen. Sinnvoll ist eine Beratung oder ärztliche Begleitung zum Beispiel, wenn:
- du dir unsicher bist, wie du Laborwerte, Spermiogramme oder genetische Informationen einschätzen sollst
- in deiner oder der Familienanamnese des Samenspenders ernsthafte Erkrankungen vorkommen
- du bereits mehrere Zyklen mit privater Samenspende versucht hast, ohne dass es zu einer Schwangerschaft kommt
- du merkst, dass dich die Spendersuche emotional stark belastet, Ängste triggert oder deine Beziehung beansprucht
- ihr als Paar unterschiedliche Vorstellungen von Kontakt, Rolle und Verantwortung des Samenspenders habt
Viele Kinderwunschzentren, spezialisierte Beratungsstellen und psychologische Angebote kennen die typischen Fragen rund um Samenspende, Spenderauswahl und spätere Aufklärung von Spenderkindern. Sie können dir helfen, medizinische Fakten, rechtliche Rahmenbedingungen und deine Gefühle in eine stimmige Entscheidung zu übersetzen.
Fazit
Ein klarer Fragenkatalog für den Samenspender ersetzt keine Laborwerte und keine Rechtsberatung, aber er macht Samenspende greifbar und vergleichbar. Je gezielter du Fragen zu Motivation, Gesundheit, Familiengeschichte, Rolle und praktischen Absprachen stellst, desto leichter fällt es, unseriöse Samenspender auszufiltern und den Menschen zu finden, mit dem sich dein Kinderwunschprojekt langfristig sicher und stimmig anfühlt – für dich, deine Familie und dein zukünftiges Kind.

