Seit Jahren warten queere Familien auf ein modernes Abstammungsrecht. Im Mai 2025 hat der Bundesrat nun offiziell die Bundesregierung aufgefordert, Zwei-Mütter-Familien endlich rechtlich gleichzustellen. Was genau beschlossen wurde, wie der Gesetzgebungsprozess läuft und was betroffene Familien jetzt wissen müssen, fasst dieser Beitrag zusammen.
Aktueller Rechtsstand (SS § 1591 BGB)
- Die gebärende Person ist automatisch rechtliche Mutter.
- Ein zweiter Elternteil wird nur durch Ehe (Co-Vaterschaft) oder Adoption anerkannt.
- Für verheiratete Frauenpaare bedeutet das bis heute: Stiefkindadoption nach der Geburt – ein Verfahren, das 6–12 Monate dauern kann.
Beschluss des Bundesrats vom 23. Mai 2025
In seiner 1054. Sitzung sprach sich die Länderkammer einstimmig dafür aus, den automatischen Elternstatus auf die Ehefrau der Mutter auszuweiten. Die Entschließung 161/25 fordert konkret:
- Co-Mutter per Geburt: keine Adoption mehr nötig, wenn das Paar verheiratet ist oder eine vorgeburtliche Sorgeerklärung abgibt.
- Rechtssicherheit bei Samenspende: klare Haftungs- und Auskunftsregeln für private wie klinische Spenden.
- Schutz des Kindeswohls: Anspruch des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Herkunft.
Der Beschluss entfaltet noch keine Gesetzeskraft – er verpflichtet aber das Bundesjustizministerium, einen überarbeiteten Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen.
Wesentliche Punkte des angekündigten Reformpakets
- Ko-Mutterschaft – § 1592 BGB-neu: Bei Geburt in eine bestehende Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft entsteht automatisch eine doppelte Mutterschaft.
- Vereinfachte Anerkennung für unverheiratete Paare: vorgeburtliche Elternschaftsanerkennung beim Standesamt.
- Samenspende-Register 2.0: einheitliche digitale Meldung jeder Spende – zehn Jahre längere Speicherfristen (insgesamt 110 Jahre).
- Klarstellung zur Vaterschaftsanfechtung: leibliche Väter können nur anfechten, wenn kein soziales Eltern-Kind-Verhältnis besteht.
Quelle: Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, Januar 2025 (noch nicht im Kabinett beschlossen).
Was fehlt noch? – Kritik aus Fachkreisen
- Mehr-Eltern-Konstellationen (z. B. Co-Parenting, Patchwork) bleiben vom Zwei-Eltern-Prinzip weiterhin ausgeschlossen.
- Trans*-und inter-Eltern benötigen nach wie vor Klarstellungen, wer „Mutter“ bzw. „Vater“ im geburtsrechtlichen Sinn ist.
- Lange Zeitschiene: Ohne Kabinettsbeschluss vor der Sommerpause wird die Reform in dieser Legislatur kaum noch verabschiedet.
Praktische Tipps für Zwei-Mütter-Familien bis zur Reform
- Sorgerechts-Vollmacht beim Notar hinterlegen, damit die nicht-gebärende Partnerin sofort handeln darf (Ärzte, Kita, Reisen).
- Stiefkindadoption trotz angekündigter Reform rechtzeitig starten: Dauer derzeit Ø 8 Monate.
- Geburtsurkunde prüfen: unmittelbar nach Ausstellung, da Nachträge aufwendig sind.
- Namen & Reisepass: früh beantragen – Kinderreisen ohne rechtliche Zweitelternschaft erfordern oft Vollmachten.
Reform-Timeline (Stand Juli 2025)
- Januar 2025 – Referentenentwurf veröffentlicht
- 23. Mai 2025 – Bundesratsentschließung 161/25
- Herbst 2025 – Kabinettsbefassung geplant
- Q1 2026 – Bundestag / Bundesrat → Inkrafttreten frühestens Sommer 2026
Fazit
Die Reform des Abstammungsrechts ist (noch) kein Gesetz, aber dank der Bundesratsinitiative so greifbar wie nie zuvor. Bis die automatische Co-Mutterschaft Wirklichkeit wird, bleibt die Stiefkindadoption das rechtlich sicherste Verfahren. Informiere dich früh, sichere deine Unterlagen und nutze Vollmachten, um den Alltag deiner Familie heute schon abzusichern.